Bislang war ChatGPT – von Anfang an – weitgehend werbefrei. Die Monetarisierung lief über Abonnements (Plus, Pro) und zahlende Nutzer. Doch laut mehreren aktuellen Berichten plant OpenAI offenbar, Werbung nun auch in der Gratisversion von ChatGPT einzuführen.
Der Auslöser: In der Beta-Version der ChatGPT-Android-App (Version 1.2025.329) wurden nach Angaben eines Entwicklers Hinweise auf neue Funktionalitäten gefunden: Begriffe wie „ads feature“, „search ad“, „search ads carousel“ und „bazaar content“ tauchen im Code auf — typische Indikatoren für Werbeanzeigen.
Damit scheint klar: OpenAI testet intern bereits ein Werbe-Framework und bereitet sich auf einen (möglichen) Rollout vor — womöglich schon Ende 2025 beziehungsweise im Jahr 2026.
Warum dieser Wandel? Ökonomischer Druck & neue Einnahmequellen
Der Schritt passt zu einer größeren wirtschaftlichen Neuorientierung bei OpenAI. Der Betrieb großer KI-Modelle, insbesondere für Millionen Nutzer weltweit, ist extrem kostenintensiv. Werbung könnte helfen, die Kosten zu decken und die Gratiskonten profitabler zu machen.
Tatsächlich tauchte in internen Finanzplänen eine Schätzung auf, wonach bis 2029 bis zu 25 Milliarden US-Dollar durch Werbung bei kostenlosen Nutzenden generiert werden könnten.
Damit könnte Werbung bald neben dem Abomodell eine zentrale Einnahmequelle für OpenAI werden — und das bei deutlich mehr Reichweite, da viele Nutzer ChatGPT kostenlos einsetzen.
Wie könnte Werbung in ChatGPT aussehen?
Die Hinweise deuten auf ein Werbemodell ähnlich dem, was Nutzer von Suchmaschinen kennen:
- In Chats mit Suchfunktion („Search“) könnten gesponserte Ergebnisse ganz oben erscheinen — also Werbung, wenn User Produkte oder Informationen suchen.
- Möglicherweise wird es ein „Suchanzeigen-Karussell“ geben — also mehrere Einträge mit Anzeigen, wenn man nach Produkten oder Dienstleistungen fragt.
- Denkbar sind zudem kontextbezogene Anzeigen, also Werbung, die sich an den laufenden Chat oder die Suchanfrage anpasst — etwa Produktempfehlungen beim Fragen nach Konsumgütern.
Laut Beobachtungen sollen diese Anzeigen vor allem im Free-Tier erscheinen. Premium-Abos könnten — zumindest von manchen Befürwortern — weiterhin werbefrei bleiben.
Mögliche Vorteile für OpenAI – und für Nutzer?
Warum Werbung für OpenAI Sinn macht
- Finanzielle Nachhaltigkeit: Die laufenden Kosten für Server, Modelle, Entwicklung etc. sind hoch — Werbung bietet eine zusätzliche, skalierbare Einnahmequelle.
- Erhalt der Gratisversion: Durch Werbeeinnahmen könnte OpenAI das Free-Tier aufrechterhalten — ideal für Nutzer, die nicht zahlen wollen.
- Marktwert & Wachstum: Mit vielen Millionen — oder gar hundert Millionen — Nutzenden weltweit könnte ChatGPT zu einer der größten Werbeplattformen werden.
Potenzieller Nutzen für Nutzer bzw. Werbetreibende
- Relevantere Produktvorschläge: Bei Suchanfragen könnten passende Produkte oder Dienstleistungen angezeigt werden — praktisch bei Shopping, Reisen, Dienstleistungssuche etc.
- Komfort & Integration: Statt externe Suchmaschinen oder Shopping-Seiten zu nutzen, könnte alles direkt im Chat passieren. Für Nutzer, die ChatGPT ohnehin regelmäßig nutzen, wäre das nahtlos.
- Chancen für Unternehmen: Werbetreibende könnten neue Zielgruppen erreichen — gerade jüngere, digital affine Nutzer, die ChatGPT intensiv nutzen.
Risiken, Kritik und Bedenken — besonders aus Sicht der Nutzer
Trotz der möglichen Vorteile gibt es erhebliche Bedenken. Einige der wichtigsten:
Datenschutz & Privatsphäre
Da ChatGPT häufig mit persönlichen, sensiblen oder konkreten Fragen genutzt wird, liegt der Einsatz gezielter, personalisierter Werbung nahe — und damit potenziell der Einsatz der Chat-Historie oder vergangener Anfragen. Manche Nutzer sehen das skeptisch.
Nutzererlebnis & Glaubwürdigkeit
Werbung kann die Nutzererfahrung stören — gerade, wenn sie aufdringlich oder unpassend wirkt. Ein zentraler Reiz von ChatGPT war bislang, dass man ohne Werbung kommuniziert. Werbung könnte das Gefühl eines neutralen, objektiven Assistenten untergraben.
Einfluss auf Antworten & Bias
Es besteht die Gefahr, dass Werbung Antworten beeinflusst — z. B. durch gesponserte Empfehlungen oder Priorisierung bestimmter Anbieter. Das könnte das Vertrauen in die Neutralität und Objektivität von ChatGPT schwächen. Einige Beobachter warnen davor, dass Anzeigen als „Sponsored Responses“ getarnt werden könnten.
Relevanz und Akzeptanz in Deutschland / Europa
In Deutschland und Europa sind Datenschutz und Nutzerrechte besonders wichtig (z. B. DSGVO). Wenn OpenAI Werbung integriert, könnte das bei vielen Nutzer:innen auf Skepsis stoßen — insbesondere wenn personalisierte Werbung auf Basis der Chats angezeigt wird.
Was bedeutet das für den deutschen Markt?
Für Nutzer in Deutschland könnte die Werbung in ChatGPT durchaus relevant werden — auf verschiedene Weisen:
- Unternehmen (KMU, Online-Shops, Dienstleister) könnten ChatGPT als neuen Werbekanal sehen — speziell für technikaffine und digital vernetzte Zielgruppen.
- Für Konsument:innen: Wer Beratung, Produktempfehlungen oder schnelle Infos über ChatGPT nutzt, könnte Werbung als praktische Ergänzung empfinden — oder als störend, je nach Umsetzung.
- Datenschutz & Regulierung: Deutsche Nutzer werden kritisch auf Datennutzung, Transparenz und Einwilligung schauen. OpenAI müsste klar kommunizieren, wie Daten verwendet werden — sonst drohen Vertrauen und Akzeptanzverlust.
- Wettbewerb: Europäische Anbieter könnten die Entwicklung beobachten — vielleicht entsteht ein Trend zu werbefinanzierten KI-Diensten auch hierzulande.
Wann könnte es losgehen — und wie sicher ist es?
Aktuell (Stand Anfang Dezember 2025) befindet sich alles in einer Test- bzw. Leak-Phase. Die Entdeckung des Codes erfolgte in der Beta-Version der Android-App — öffentliche Anzeigen sind noch nicht zuverlässig bestätigt.
Einige Berichte gehen davon aus, dass ein Rollout schon Ende 2025 oder spätestens 2026 starten könnte.
Wie breit die Einführung ausfallen wird — etwa global oder nur in ausgewählten Regionen — bleibt derzeit unklar. Ebenso, ob Premium-Abos davon ausgenommen werden.
Was steht auf dem Spiel?
Die Entscheidung von OpenAI, Werbung in ChatGPT zu bringen, könnte weitreichende Folgen haben — sowohl positiv als auch problematisch:
- Für OpenAI: Der Schritt könnte helfen, den Dienst nachhaltig und langfristig zu betreiben — gerade angesichts hoher Kosten und wachsender Nutzerzahlen.
- Für Nutzer: Werbung könnte Komfort bieten, aber auch Abhängigkeit schaffen — wer es werbefrei möchte, müsste vielleicht zahlen (Plus/Pro).
- Für Werbungtreibende: ChatGPT könnte zu einer neuen, mächtigen Werbeplattform werden — mit hohen Reichweiten und direkter Zielgruppenansprache.
- Für Datenschutz und Ethik: Der Einsatz von Nutzerdaten für Werbung wirft Fragen auf — besonders in Europa mit strengen Datenschutzgesetzen.
Fazit: ChatGPT am Wendepunkt — Werbung als neuer Standard?
Die Hinweise sind deutlich: OpenAI testet derzeit intern Werbefunktionen in ChatGPT — mit „Search Ads“, „Ad Carousels“ und „Bazaar Content“.
Wenn der Rollout wie erwartet erfolgt, könnten wir in den nächsten Monaten einen Paradigmenwechsel erleben: ChatGPT wird nicht länger nur ein werbefreier KI-Assistent sein, sondern auch eine kommerzialisierte Plattform mit Werbeanzeigen — ähnlich wie Suchmaschinen oder Social-Media-Dienste.
Das hat Chancen: Für OpenAI, für Werbetreibende und für Nutzer, die komfortabel suchen oder shoppen wollen. Aber es bringt auch Risiken: Datenschutz, Nutzererfahrung und Glaubwürdigkeit könnten leiden — besonders in Deutschland und Europa.
Ob und wie sehr Werbung ChatGPT verändert, hängt stark davon ab, wie OpenAI sie implementiert — dezent und transparent? Oder aggressiv und datengetrieben?
Für alle Nutzer heißt es jetzt: Augen offen halten. Der Wandel ist in vollem Gange — und wie bei vielen Innovationen liegt sowohl Potenzial als auch Vorsicht darin.


